Wenn Fans auf eigene Fans losgehen – im Emmental brodelt es
Nach dem Derby gegen den SC Bern am vergangenen Freitag in Langnau (6:2 für die SCL Tigers) geraten die Dinge aus den Fugen. Mitglieder der Langnauer Fan-Gruppierung Sektor 46 haben gemäss behördlichen Erkenntnissen nach dem Spiel eine Absperrung zum Schutz der abziehenden friedlichen SCB-Fans durchbrochen.
Sie konnten jedoch die SCB-Fans nicht mehr erwischen, weil die 46er vor der Passerelle, die vom Stadion über die Bahngeleise zum Bahnhof Langnau führt, gestoppt werden konnten. Daraufhin rannten sie über die Bahngeleise, um auf der anderen Seite der Passerelle den SCB-Fans doch noch habhaft zu werden. Was nicht gelungen sei.
Im Würgegriff davongeschleift
Geradezu grotesk mutet ein weiterer Zwischenfall beim vorangegangenen Derby in Bern an: Die Sicherheitskameras in der Postfinance-Arena zeichneten auf, wie ein harmloser Langnau-Fan angegangen und im Würgegriff davongeschleift wird. Der Täter ist identifiziert worden, angeblich gehört er zu Sektor 46.
Der SCB hat auf Antrag von Langnau ein Stadionverbot gegen die betreffende Person ausgesprochen. Ob es auch zu einer Strafanzeige kommt, ist offen. Ein Langnau-Fan ist also von einem Langnau-Fan im SCB-Tempel traktiert worden. Angeblich sei bei der Aufarbeitung die Ausrede vorgebracht worden, der SCB-Sicherheitschef habe das Video gefälscht und es habe sich nicht um einen Würgegriff, sondern um einen fürsorglichen Rettungsversuch eines malträtierten Langnau-Fans gehandelt.
Sponsoren drohen mit Rückzug
Bei der Sitzung mit einer hochrangigen Delegation des Vereins Sektor 46 mit der Geschäftsleitung und dem Verwaltungsrat der SCL Tigers sind bereits am 29. November die durch weitere Vorkommnisse aus der Vergangenheit entstandenen Probleme konkret aufgezeigt worden:
- Klagen von Fans, die sich wegen der Gewaltbereitschaft von Mitgliedern aus dem Verein Sektor 46 nicht mehr ins Stadion wagen.
- Werbepartner (Sponsoren), die erwägen auszusteigen, weil sie solche Vorkommnisse nicht tolerieren.
- Anstieg der Sicherheitskosten, weil Spiele der SCL Tigers als Risikospiele eingestuft werden. Das kann pro Spiel schnell einmal 20'000 Franken ausmachen.
Langnaus Geschäftsführer Dieter Aeschimann bestätigt auf Anfrage dieses Treffen mit einer Delegation der 46er. Er ist verärgert und besorgt, dass es nun trotzdem am Freitag nach dem Derby erneut zu einem Vorfall gekommen ist. «Wir bemühen uns, gute Gastgeber zu sein», so Aeschimann. «Wir distanzieren uns in aller Form von diesen Vorkommnissen und bitten Betroffene um Entschuldigung. Der erneute Vorfall ist umso bedauerlicher, weil wir versucht haben, die Problematik im Rahmen eines intensiven Austausches mit den Vertretern des Sektors 46 zu lösen. So kann es einfach nicht weitergehen.»
Harter Kern von 20 bis 30 Fans
Was die Problematik verschärft: Es sind Mitglieder des Vereins Sektor 46, die im Fansektor positive Emotionen im Stadion zelebrieren. Die Frage, ob bei einem Ausschluss einzelner militanter 46er die Stimmung leiden würde, ist inzwischen intern geklärt: Was zur Stimmung beigetragen wird, steht in keinem Verhältnis mehr zum Schaden durch das Fehlverhalten.
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Der militante Kern der 46er, der von Sicherheitsleuten auf rund 20 bis 30 Personen geschätzt wird, zeichnet sich angeblich auch durch das Tragen der rot-gelben Fankleidung im Stadion und den Wechsel zu schwarzer Kluft gleich nach dem Spiel aus.
Keine Stellungnahme der Fans
Bei der Verwaltungsrats-Sitzung der SCL Tigers am 17. Februar ist das Thema traktandiert. Es geht um konkrete Massnahmen zur Lösung des Problems. Dabei werden unter anderem personalisierte Tickets nicht mehr ausgeschlossen, um die eigenen Fans vor den eigenen Fans zu schützen.
Der Verein Sektor 46 war nicht dazu in der Lage, die nach telefonischer Absprache schriftlich eingereichten Fragen zur Sache zeitnah zu beantworten. Man brauche dafür bis zum nächsten Samstag Zeit.